Aufbruch mit Zuversicht und Gottvertrauen
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Adelheid Ruck-Schröder
Theologin Ruck-Schröder wird neue westfälische Präses
Dortmund (epd).

Als das Ergebnis bekannt gegeben wird, brandet tosender Applaus auf: Mit mehr als 96 Prozent der Stimmen ist Adelheid Ruck-Schröder soeben zur neuen Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen gewählt worden. Sie habe Lust, neu aufzubrechen und gegen Mutlosigkeit anzutreten, sagt die 58-Jährige am 29. März in Dortmund nach ihrer Wahl vor dem begeisterten Kirchenparlament. Die Finanz- und Mitgliederkrise der Kirche setze auch Energie frei und sei eine Chance, alle Strukturen auf den Prüfstand zu stellen.

Ruck-Schröder weiß, worauf sie sich als neue leitende Theologin der westfälischen Landeskirche mit ihren 1,9 Millionen Mitgliedern einlässt, die in massiven Finanzproblemen steckt. Nach den Turbulenzen rund um den Rücktritt ihrer Amtsvorgängerin Annette Kurschus im November 2023 hofft die viertgrößte deutsche Landeskirche, wieder in ruhiges Fahrwasser zu kommen.

Einladende und offene Kirche

Dafür hat die zugewandte und empathische neues Präses einen klaren Kompass. Das Ringen um nötige Sparmaßnahmen, effizientere Strukturen und mehr Profilierung müsse auch ein geistlicher Prozess sein, betont die bisherige Hildesheimer Regionalbischöfin. Denn der Auftrag der Kirche bleibe immer gleich: die Kommunikation des Evangeliums. Die Herausforderung sei, dies in neuen, zeitgemäßen Formen zu tun.

Ruck-Schröder setzt auf Vertrauen, Hoffnung und Zuversicht. Mit Verlusten möchte sie „konstruktiv und erwachsen“ umgehen, um nicht ständig zu trauern. Sie wünsche sich eine einladende und offene Kirche, die junge Leute und Familien im Blick hat und über ihr Milieu hinausdenkt.

Aufgewachsen in Pfarrhaushalt, verheiratet mit Theologieprofessor

Ruck-Schröder ist Theologin durch und durch, mit vielfältiger Erfahrung: aufgewachsen in einem Pfarrhaushalt, seit 30 Jahren verheiratet mit dem Göttinger Theologieprofessor Bernd Schröder, verschiedene kirchliche Tätigkeiten vom Gemeindepfarrdienst über Berufsschultätigkeit bis zur Ausbildung des theologischen Nachwuchses. Ihren persönlichen Glauben beschreibt sie mit den Worten Vertrauen und Lebensmut. Ein Schlüsselerlebnis hat sie in ihrer Kindheit, als ihr Vater ihr den Sprung vom Fünf-Meter-Brett zutraut - „eine ganz tolle Erfahrung“.

Adelheid Ruck-Schröder wird am 1. Mai 1966 in Bietigheim geboren und wächst als drittes von vier Kindern im Raum Stuttgart in einem „offenen Elternhaus“ auf, Kirche erlebt sie als Raum der Freiheit. Trotz Bedenken ihrer Eltern geht sie ab der neunten Klasse auf ein evangelisches Internat, wo sie „sehr gute Prägungen“ erlebt. Sie studiert Theologie in Tübingen und Berlin, wo sie ihren aus Ostwestfalen stammenden späteren Ehemann kennenlernt. „So bin ich nach Westfalen gekommen“, erzählt sie: „Es ist die Liebe, die mich hierher gebracht hat.“ 1994 wechselt sie von der württembergischen in die westfälische Landeskirche.

Sprecherin beim „Wort zum Sonntag“

Mehrmals zieht Ruck-Schröder ihrem Mann hinterher, der eine Hochschulkarriere als Religionspädagoge macht. Auf das Vikariat in Halle/Saale und Münster folgt eine erste Anstellung als Pfarrerin in Havixbeck bei Münster, dann zieht das Paar mit zwei Kindern für zehn Jahre nach Saarbrücken. Ruck-Schröder arbeitet als Berufsschulpfarrerin - und weitet ihren Horizont für Menschen, die anders sozialisiert sind und eine andere Sprache sprechen, als sie es gewohnt ist.

Viel Erfahrung sammelt die Theologin in dieser Zeit mit Verkündigungssendungen im Saarländischen Rundfunk, von 2010 bis 2012 ist sie Sprecherin der Sendung „Wort zum Sonntag“ in der ARD. Als ihr Mann einen Ruf an die Universität Göttingen erhält, wird sie dort für drei Jahre Gemeindepfarrerin und übernimmt dann für sechs Jahre die Leitung des Predigerseminars im niedersächsischen Kloster Loccum. 2021 wird sie zur Regionalbischöfin für den Sprengel Hildesheim-Göttingen der hannoverschen Landeskirche ernannt.

Im Pendeln zwischen der Dienstwohnung und dem eigenen Haus in Göttingen ist das Ehepaar Ruck-Schröder geübt, das eine 25-jährige Tochter und einen 28-jährigen Sohn hat. Neu ist, dass Bernd Schröder nun öfter zu seiner Frau nach Bielefeld fahren wird als umgekehrt. Zeit finden will Ruck-Schröder weiterhin für Fahrradtouren und Wanderungen mit ihrem Mann.

Von Ingo Lehnick (epd)