Projekte zur NS-Geschichte, Waffenkultur und Biodiversität
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Grimme-Institut
Acht Grimme Online Awards für Qualitätsjournalismus im Netz verliehen
Marl (epd).

Waffenkult in den USA, NS-Geschichte und Datenschutz: Acht Online-Angebote sind für ihre besondere publizistische Qualität mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet worden. „Der Grimme Online Award bleibt, was er immer war: eine digitale Momentaufnahme der Welt, in der wir leben“, sagte der Interimsgeschäftsführer des Grimme Instituts, Peter Wenzel, bei der Preisverleihung in Marl. „Und Jahr um Jahr können wir uns darauf verlassen, dass seine Jury genau die Angebote auswählt, die unseren Blick auf das lenken, was relevant, berührend und kritisch ist und am Ende auch unserer Demokratie dienlich, die immer digitaler wird.“

Mit dem undotierten Preis ehrt das Grimme-Institut seit 2001 Webseiten, Apps, Podcasts, Social-Media-Angebote oder andere online veröffentlichte qualitativ hochwertige Beiträge mit publizistischem Charakter. Erstmals wurde die Auszeichnung am Sitz des Grimme Instituts in Marl vergeben.

In der Kategorie Information ging ein Preis an die Recherche „Europäische Waffen, amerikanische Opfer“ vom „Tagesspiegel“ in Zusammenarbeit mit dem ZDF Magazin Royale. Darin setzen sich die Journalistinnen und Journalisten mit dem US-Waffenkult und seinen europäischen Profiteuren auseinander. Eine weitere Auszeichnung bekam netzpolitik.org für den Doku-Podcast „Systemeinstellungen“ über Menschen, die unvermittelt ins Visier des Staates geraten und etwa von Durchsuchungen betroffen sind - darunter auch der Fall einer evangelischen Pfarrerin.

In der Kategorie Wissen und Bildung wurden insgesamt drei Auszeichnungen vergeben. Eine ging an den Bildatlas „#LastSeen. Bilder der NS-Deportationen“ des gleichnamigen Verbundprojekts unter Leitung der Freien Universität Berlin. Über eine zoombare Karte sind 420 Fotografien der Deportationen von Menschen aus dem Deutschen Reich von 1938 bis 1945 verfügbar. Um die NS-Zeit geht es auch in dem ausgezeichneten TikTok-Kanal „keine.erinnerungskultur“ von Susanne Siegert. Sie klärt über die Verbrechen der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg auf. Der Hobbygärtner Robin König erhielt wiederum für seinen Instagram-Kanal „Robinga Schnögelrögel“ einen Preis. Dort informiert er unter anderem über Artenvielfalt und Biodiversität.

Thilo von Debschitz, Ruth Bloch und Simone Bloch wurden in der Kategorie Kultur und Unterhaltung für das Online-Archiv Curt Bloch und „Het Onderwater-Cabaret“ ausgezeichnet. Es ermöglicht einen Einblick in die Gedankenwelt und den Humor von Curt Bloch, der in der NS-Zeit in den Niederlanden untergetaucht war und das satirische Magazin „Het Onderwater-Cabaret“ („Das Unterwasser-Kabarett“) veröffentlichte. Ein weiterer Preis der Kategorie Kultur und Unterhaltung ging an die „Library of Lost Books“ des Leo Baeck Institutes Jerusalem und London sowie der Freunde und Förderer des Instituts. Die Multimedia-Website präsentiert die Geschichte der Bibliothek der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums: vom Raub der Bücher durch die Nationalsozialisten bis zur Zerstreuung der Überreste in der Nachkriegszeit.

In der Kategorie Spezial wurden netzpolitik.org und der Bayerische Rundfunk (BR) für die Databroker-Files-Recherche gewürdigt. Die Journalistinnen und Journalisten zeigen, welche Folgen der Datenhandel der Online-Werbeindustrie für den Datenschutz von Bürgerinnen und Bürgern hat.

Der erstmalig vergebene KI-Sonderpreis ging an den BR-Podcast „In 5 Tagen Mord - Die Krimi-Challenge mit KI“. Krimi-Expertinnen und -Experten, aber auch ChatGPT unterstützen darin Janina Rook und Christian Schiffer dabei, ein Krimi-Hörspiel im Stile alter Radio-Krimis zu schreiben. Für seinen TikTok-Kanal „@tahadur“ bekam Tahsim Durgun den diesjährigen Publikumspreis. Mit einem nüchternen und trockenen Sprachstil, aber mit Humor, redet er laut Grimme Institut über Themen wie Alltagsrassismus.

Der Grimme Online Award wird jährlich verliehen. Das Grimme Institut war jedoch aufgrund eines Finanzlochs im aktuellen Haushalt in finanzielle Schieflage geraten. Der Online Award sollte deshalb zunächst für dieses Jahr gestrichen werden. „Allein hätten wir das nicht geschafft, und so danke ich allen, die Grimme die Hand gereicht haben“, sagte Wenzel. Dazu zählten unter anderem NRW-Medienminister Nathanael Liminski, der Landrat des Kreises Recklinghausen Bodo Klimpel (beide CDU) sowie die anderen Grimme-Gesellschafter.

Größter Gesellschafter des Instituts ist mit 40 Prozent der Volkshochschul-Verband. Jeweils zehn Prozent halten das Land NRW, die Film- und Medienstiftung NRW, die Landesanstalt für Medien NRW, die Stadt Marl, der WDR und das ZDF.