Mit Bryan Adams ist es, als wenn man in einen Powerriegel beißt, so sehen es zumindest seine Fans: Die schnörkellose Musik hebt die Laune, gibt Kraft für den Tag. Mit seiner Mischung aus bodenständigen Rocksongs und Balladen hat es der kanadische Sänger und Songschreiber an die Spitze geschafft. Mehr als 40 Jahre dauert seine Solokarriere schon an, er hat über 100 Millionen Alben verkauft. Er ist ein erfolgreicher Fotograf, lebt vegan und setzt sich für Menschenrechte und Umweltschutz ein. Mit seiner Stiftung unterstützt er vor allem Hilfsprojekte für Kinder. Am 5. November wird Bryan Adams 65 Jahre alt.
Gerade für seine deutschen Fans aus der Babyboomer-Generation ist der Rockstar ein Begleiter durch viele Lebensphasen. Seine Hits „Summer Of '69“, „Heaven“, „(Every Thing I Do) I Do It For You“ oder „Run To You“ liefen in ihrer Jugendzeit auf Partys oder im Autoradio. Und noch immer zieht der schlaksige, jungenhaft wirkende Sänger mit seiner rauen Stimme in den Bann. Auf seiner „So Happy It Hurts“-Tour gastiert der Musiker im Oktober und November in sechs deutschen Städten.
Von Altersmüdigkeit ist bei Bryan Adams keine Spur. Weißes T-Shirt, weiße Hose, weiße Turnschuhe: Anfang Oktober rockt er mit seiner Band auch in der Stuttgarter Schleyerhalle. Seine Stimme ist kräftig wie eh und je. Dem Publikum erzählt er von einem Kindheitsbesuch mit seinen Eltern in der Autostadt, „da gab es Süßigkeiten“. Zum Schluss steht Bryan Adams nur mit seiner Gitarre auf der Bühne. Es ist so still, dass man die sprichwörtliche Nadel fallen hören könnte. Das gelingt nicht allen Rockstars, die ins Alter kommen.
Das Unterwegssein gehört zum Leben des Musikers: 1959 wird Bryan Adams im kanadischen Kingston am Ontariosee als Sohn britischer Eltern geboren und muss als Kind häufig umziehen. Sein Vater ist im militärischen Diplomatendienst tätig, seine Mutter arbeitet als Lehrerin und Bibliothekarin. Die Familie lebt in Wien, in Portugal und in Israel.
Mit 15 Jahren verlässt Bryan Adams in Vancouver die Schule und spielt in regionalen Bands. Bis heute hat er 15 Studioalben mit zahlreichen Nummer-eins-Hits veröffentlicht. Von Anfang an begleiten ihn sein kongenialer Gitarrist Keith Scott und der Schlagzeuger Mickey Curry.
Gemeinsam mit dem Komponisten und Produzenten Jim Vallance schreibt Adams zunächst Songs für andere Musiker. Er perfektioniert um 1980 die Kunst des Rocksong-Schreibens, die auf ein großes Publikum zielt: Nur drei, vier Minuten lang sind die eingängigen Titel. „Ach! Seien wir ehrlich: Alle meine Alben klingen doch irgendwie ganz schön ähnlich“, sagte Adams einmal einem Musikjournalisten.
Mit dem dritten Album „Cuts Like A Knife“ (1983) und der Ballade „Straight From The Heart“ geht es für es Adams rasant nach oben. Im selben Jahr hat er bei der WDR-Musikshow „Rockpalast“ in der Essener Grugahalle seinen ersten Auftritt in Europa - und gewinnt mit seiner mitreißenden Show das deutsche Publikum für sich.
Den internationalen Durchbruch schafft Adams 1984 mit dem Hit-Album „Reckless“. Darauf findet sich auch das Duett „It's Only Love“ mit Tina Turner. Mit der 2023 gestorbenen Rocksängerin verband ihn eine enge Freundschaft.
Die erfolgreichste Zeit des Wahl-Londoners, der mit seiner Lebensgefährtin zwei Töchter hat, sind die 1990er Jahre. Die Ballade „(Everything I Do) I Do It For You“ für den Film „Robin Hood“ mit Kevin Kostner (1991) markiert eine künstlerische Wende: Adams setzt fortan vor allem auf softe Rockballaden. Mit Rod Stewart und Sting nimmt er 1993 die Hymne „All For Love“ für den Kinofilm „Die drei Musketiere“ auf.
Auch als Aktivist zeigt Adams Flagge: Beim Benefizkonzert „Live Aid“ für die Hungerhilfe in Äthiopien (1985) ist er dabei. Er spielt für Amnesty International und Greenpeace und unterstützt die Tierrechte-Organisation Peta. Adams plädiert für einen nachhaltigen Lebensstil und lässt bei einer Welttour 2019 von jedem verkauften Konzertticket einen Baum pflanzen.
Der Musiker ist auch als Fotograf erfolgreich. Er hat Prominente wie Queen Elisabeth II., „Rolling Stones“-Sänger Mick Jagger und Amy Winehouse vor die Kamera gebracht, das Leben von Obdachlosen in London dokumentiert, kriegsversehrte britische Soldatinnen und Soldaten porträtiert. „Ich akzeptiere den Krieg nicht“, sagt Adams im Juni bei der Eröffnung seiner Foto-Ausstellung „Exposed“ im hessischen Wetzlar.
Mit seinem aktuellen Album „So Happy It Hurts“ (2022) geht er musikalisch zurück zum Ursprung: dem rohen Rockabilly der 1950er Jahre im Stil von Bill Haley oder Elvis Presley. Ehrungen wie ein eigener Stern auf dem „Walk of Fame“ in Hollywood ließen ihn kalt, versicherte er im Interview mit einem Rock-Magazin nach dem Ende des Corona-Lockdowns: „Mir geht es nur um die Musik. Ich habe keine großen Ziele. Erfolg ist für mich, wenn ich so weitermachen kann.“