Theologin sieht Instrument des Kirchenasyls in Gefahr
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Kirchenasyl
Hannover, Düsseldorf (epd).

Die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche (BAG) sieht aufgrund der restriktiveren europäischen Asylpolitik das Instrument des Kirchenasyls in Gefahr. „In den schlimmsten denkbaren Szenarien werden Kirchenasyle geflüchteten Menschen auf absehbare Zeit keine Perspektive mehr bieten können oder Jahre andauern“, sagte die Vorstandsvorsitzende Dietlind Jochims in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Arbeitsgemeinschaft trifft zu ihrer Jahrestagung in Hannover.

Die neuen EU-Regeln machten es deutlich schwieriger, die Zuständigkeit eines Landes für ein Asylverfahren zu ändern, sagte die Pastorin und Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche: „Wenn Schutzsuchende etwa in Bulgarien angekommen sind, dann wird Bulgarien zuständig bleiben.“ Die Menschen würden dennoch nicht in einem Land ausharren, in dem sie nicht menschenwürdig überleben könnten. „Vermutlich werden künftig mehr Geflüchtete heimatlos durch Europa irren.“

Kirchengemeinden gewähren Jochims zufolge seit 2015/16 fast ausschließlich solchen Menschen Asyl, die von sogenannten Dublin-Abschiebungen betroffen sind. Für deren Asylverfahren ist eigentlich ein anderes EU-Land zuständig, in dem sie erstmals registriert wurden. „Längst nicht alle europäischen Staaten jedoch garantieren Asylbewerbern ein menschenwürdiges Verfahren“, sagte die Pastorin. Ins Kirchenasyl aufgenommen würden nur Menschen, bei denen die Kirchen nach genauer Prüfung einen besonderen Härtefall sähen.

Die Vorstandsvorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft kritisierte, dass sich die Prüfpraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in den vergangenen Jahren verschärft habe. Die Anerkennungsquoten seien von 80 Prozent in den Jahren 2015/16 auf unter ein Prozent gefallen. „Und das liegt unserer Einschätzung nach nicht daran, dass sich die Härtefälle verändert hätten, sondern die Sicht darauf.“

Zudem habe die BAG seit Sommer 2023 bereits acht Räumungen von Kirchenasylen durch die Polizei verzeichnet. Im Juni dieses Jahres wurde beispielsweise ein 24-jähriger Mann aus Georgien, der in Bielefeld in einem Kirchenasyl gelebt hatte, bei einem Aufenthalt außerhalb der Kirche festgenommen und in die Abschiebehaft gebracht. Früher hätten die Behörden zuvor das Gespräch mit den Gemeinden gesucht. „Wenn aber überall nur noch nach Abschiebung gerufen wird, dann bleiben solche Gespräche aus.“ Das Ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche NRW bietet während der Jahrestagung in Hannover einen Workshop zum Umgang mit einem Kirchenasylbruch an.

Die Zahl der Anfragen nach Kirchenasyl sei durch die Verschärfung der Asylpolitik deutlich gestiegen, sagte die Theologin. Darunter seien auch abgelehnte Asylbewerber aus skandinavischen Ländern, den Niederlanden oder Belgien, die dort menschenunwürdig behandelt würden. „Wer weiß, wie lange die Situation in Deutschland noch einigermaßen akzeptabel ist.“

epd-Gespräch: Martina Schwager