Heute ist das alles kein Problem mehr: Ein katholischer Mann heiratet eine evangelische Frau. Doch vor zwei Jahrhunderten hatte so eine Trauung das Potenzial zur Staatskrise - erst recht, wenn die beiden zukünftigen Partner aus der Hocharistokratie kamen und allerlei politische Verwicklungen drohten. Genau das war der Fall, als der katholische Fürst Karl Egon II. von Fürstenberg seine evangelische Braut Amalie Christine von Baden im Jahr 1818 vor den Altar führte.
Der ehemalige Deutsch- und Geschichtslehrer Horst Fischer hat aus diesem Vorgang und seinen weitreichenden Folgen ein Buch gemacht. Denn mit der Heirat brachte die badische Adelige nicht nur ihren eigenen Glauben mit - sie legte mit ihrem Umzug auch die Spur für die erste evangelische Gemeinde in der kleinen Residenzstadt Donaueschingen, die um 1800 gerade mal 2000 Einwohner zählte. So gibt es mehr als einen Grund, das Geschehen von damals auszuleuchten und der Frage nachzugehen, wie das Nebeneinander zweier Konfessionen funktionierte, bevor es das Wort Ökumene überhaupt gab.
In seinem Buch «Evangelisches Leben - Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde» beschreibt der Studienrat, Protestant und langjährige SPD-Stadtrat mit größter Genauigkeit die Anfänge, als damals eine schüchterne Prinzessin aus Karlsruhe ins tief katholische Donaueschingen kommt und doch ihrer Glaubenspraxis treu bleiben soll.
Amalie hatte auch aus einem anderen Grund einen schweren Stand: Sie galt als Kind einer morganatischen, also einer nicht standesgemäßen Ehe; in Karlsruhe sprach man über sie und ihre Geschwister hinter vorgehaltener Hand.
Die Ehe zwischen dem Mädchen aus Karlsruhe und dem Fürsten Karl Egon II. war arrangiert worden, und doch wurde es eine glückliche Ehe. Fischer beschreibt detailliert den Hochzeitsvertrag, der vor allem das Konfessionelle geschickt regelte: Amalie sollte ihrer Religion treu bleiben dürfen, im Gegenzug sollten die Kinder römisch-katholisch getauft werden. Ihr wurde ein Prediger der badischen Landeskirche an die Seite gestellt, um sie zu stärken.
Die Ankunft des Karlsruher Theologen bildet den Kern der heutigen evangelischen Gemeinde. Doch Amalie brachte auch Diener ihrer Konfession mit und Amtsleute, die ebenfalls evangelisch waren. So bildete sich eine lutherische Schlossgemeinde um die Fürstin. Den Gottesdienst und die Kasualien feierten sie in einem Raum des Schlosses, der als Kapelle eingerichtet wurde.
Das Buch zieht den evangelischen Faden durch zwei Jahrhunderte bis in die Gegenwart. Es zeigt die Pfarrer, die sich im Dienst abwechselten. Schließlich wurde aus dem lutherischen Zirkel im Schloss eine Stadtgemeinde mit einem Stadtpfarrer an der Spitze. 1876 wurde die erste eigene Kirche gebaut, die in der Gründerzeit durch einen zweiten Bau im Stil des Neubarock ersetzt wurde. Die Christuskirche steht bis heute am Rande des Irmaparks und prägt das Stadtbild an der Brigach.
Horst Fischer ist mit seiner Chronik eine treffende Darstellung gelungen und, durch die Fleißarbeit mit Archivalien, eine Tiefenbohrung, die den Werdegang dieser christlichen Gemeinde erst verständlich macht. Zwei Kritikpunkte bleiben: Sechs Vorworte geben der Schrift einen unnötig staatstragenden Anstrich. Und die Beschreibung des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II., der im Buch auch als Prediger erscheint, ist zu unkritisch. Der Preuße mit seinen zackigen Reden war eben nicht nur Jagdgast und Entertainer, sondern einer der Urheber des Ersten Weltkriegs.