Fast 200 Jahre nachdem der letzte Luchs im Odenwald erlegt worden sein soll, scheint sich die Wildkatze in Hessen wieder weiter auszubreiten. Doch die kleine Population ist fragil, sagen Experten.
Wiesbaden (epd). In Hessen sind zwischen Mai vergangenen und April dieses Jahres wieder mehr Luchse nachgewiesen worden. Insgesamt neun erwachsene Luchse und zusätzlich vier Jungtiere wurden im Grenzgebiet zwischen Hessen und Niedersachsen entdeckt, wie das Umweltministerium am 6. November in Wiesbaden mitteilte.
Einige dieser Tiere dürften ihr Hauptstreifgebiet in Niedersachen haben, so das Ministerium. Hessen würden vier bis fünf dieser erwachsenen Luchse zugeordnet. Dies gehe aus dem Luchsbericht 2023/24 hervor. Im genannten Zeitraum seien 82 Luchshinweise dokumentiert worden, sechs mehr als im Vorjahr.
„Die Ergebnisse des aktuellen Luchsberichtes zeigen, dass sich in Hessen eine kleine Teilpopulation etabliert. Die dauerhafte Rückkehr des scheuen Einzelgängers nach Hessen wäre ein Erfolg“, sagte Staatssekretär Michael Ruhl (CDU). Er betonte bei der Vorstellung des Berichts außerdem, dass die Wildkatzen sehr scheu, für den Menschen ungefährlich und für den Wildbestand gut seien, da sie sich ihre Nahrung vor allem unter kranken und schwachen Tieren suchten.
Laut Thomas Norgall, Naturschutzreferent des BUND Hessen und einer der Koordinatoren des Arbeitskreises Hessenluchs, wachsen Luchspopulationen aber nur langsam. Das liege unter anderem daran, dass die Tiere nur wenig Nachwuchs in die Welt setzten und zur Vermehrung gerne andere Luchse an ihren Reviergrenzen wissen wollen. „Und wir haben in Hessen schon erlebt, dass Krankheiten die geringe Individuenzahl drastisch reduzieren können“, sagte Norgall. Im vergangenen Luchsbericht seien mit sechs erwachsenen Luchsen ohne Jungtiere weniger Wildkatzen als aktuell dokumentiert worden.
Der Präsident des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie, Thomas Schmid, hob hervor, dass zum ersten Mal seit 2015 wieder eine Vermehrung der Tiere in Hessen nachgewiesen wurde. Die Population sei derzeit aber fragil.
Eine gebe keine Gefahr, dass der Luchs einem Menschen bei einer zufälligen Begegnung „zu nahe kommen könnte“, sagte Schmid. Auch Norgall sagte, dass man in diesem Fall „die Kamera zücken und ein Foto machen“ könnte. Durch plötzliche Bewegungen oder Ähnliches würde das Tier schnell wieder verschwinden.
Ein Großteil der 82 Hinweise auf Luchse wurde laut Umweltministerium als gesichert eingestuft: „Diese stammen ausschließlich aus Nord- und Nordosthessen und wurden überwiegend durch Fotofallen erbracht.“ Im Jahr 1833 soll im Odenwald der letzte Luchs erlegt worden sein, danach galt die Art in Hessen als ausgerottet. Wieso der Luchs damals gejagt wurde, sei Experten zufolge heute nicht sicher nachzuvollziehen.
Pressemitteilung: http://u.epd.de/37c9