Als Evangelische um ihr Leben würfeln mussten
Historienspiel zeigt Exilgeschichte einer Oberpfälzer Region
Sulzbürg (epd).

Mehr als 100 Laienspieler aus Oberösterreich kommen Ende August ins oberpfälzische Sulzbürg. Sie führen in dem Ort mit seiner Exilgeschichte das Frankenburger Würfelspiel auf, sagte der frühere Pfarrer von Sulzbürg, Konrad Schornbaum, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das historische Schauspiel aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs zeige den Beginn von Vertreibung und Verfolgung evangelischer Christen aus dem „Landl ob der Enns“. Am 31. August werde es am Schlossberg in Sulzbürg aufgeführt.

In knapp 75 Minuten werde dabei eine wahre Begebenheit aus dem Jahr 1625 erzählt, als das protestantische „Landl ob der Enns“ von den bayerischen Besatzern „katholisch gemacht“ werden sollte. Exemplarisch für das unnachgiebige Vorgehen der katholischen Bayern stehe ein Blutgericht, das am 15. Mai 1625 in der Nähe von Frankenburg in Oberösterreich stattgefunden hat, sagte Schornbaum.

Der bayerische Statthalter Graf Herperstorff bestellte hierzu 5000 protestantische Bauern ein. Um deren Widerstand zu brechen, ließ er 36 aufständische Protestanten gegeneinander um ihr Leben würfeln. Die Verlierer wurden kurzerhand gehängt. Danach setzten Verfolgung und Vertreibung ein. Viele ließen sich als Exulanten im Sulzbürger Landl nieder. Das Frankenburger Würfelspiel erinnere an dieses grausame Ereignis, sagte Helmut Enzenberger, der katholische Pastoralreferent, der aus ebendiesem oberösterreichischen „Landl ob der Enns“ stammt.

Die Marktgemeinde Frankenburg führt das Spiel seit 1925 alle zwei Jahre auf. Zu den zehn Aufführungen kommen mehrere Tausend Zuschauer. Aufführungsort ist das Würfelspielgelände, das mit 2000 Sitzplätzen zu den größten Freiluftbühnen Europas gehört.

Das Fundament für die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Sulzbürg und Frankenburg wurde 2019 gelegt. Ein ökumenischer Pfarrausflug der Sulzbürger führte nach Frankenburg zum Würfelspiel. Die dort geknüpften Bande wurden durch gegenseitige Besuche vertieft, erläuterte Schornbaum: „Die Delegationen aus Oberösterreich waren überrascht, wie stark die Identität als Exulanten im Sulzbürger Landl selbst nach Jahrhunderten noch lebendig ist.“ Sowohl die Frankenburger als auch die Sulzbürger seien sich ihrer gemeinsamen Wurzeln im „Landl ob der Enns“ bewusst. Voller Stolz bezeichneten sich die Bewohner beider Orte bis heute als „Landler“.

Der 31. August stehe ganz im Zeichen des Würfelspiels: Am Vormittag ist die Generalprobe, um 15 und 18 Uhr finden die beiden Aufführungen statt. Für den 1. September ist zudem ein ökumenischer Gottesdienst mit den Frankenburgern angekündigt. Dazu reise auch der katholische Pfarrer von Frankenburg an. „Auf diesen Gottesdienst freuen wir uns besonders“, sagte Helmut Enzenberger. „Vor 400 Jahren wurden evangelische und katholische Landler getrennt, heute feiern wir gemeinsam Gottesdienst. Das hätten sich die Landler von damals niemals träumen lassen.“ (00/1828/17.06.2024)

Von Gabriele Ingenthron (epd)