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Arbeitgeber dürfen Daten ihrer Beschäftigten nur so lange wie nötig verarbeiten und speichern. Verwenden sie versehentlich den Namen einer Ex-Mitarbeiterin in einem Werbeflyer, führt das jedoch noch nicht zu einem Schmerzensgeldanspruch, urteilte das Landesarbeitsgericht Mainz.
Mainz (epd). Der versehentlich aufgeführte Name einer früheren Mitarbeiterin in einem Werbeflyer muss für den Arbeitgeber nicht teuer werden. Auch wenn der Arbeitgeber mit der Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten sorgsam umgehen muss, kann die ehemalige Arbeitnehmerin wegen der unzulässigen Namensnennung nur nach dem Nachweis eines erlittenen Schadens Schmerzensgeld verlangen, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem am 24. Januar veröffentlichten Urteil im Fall eines Seniorenheimbetreibers. Das gelte erst recht, wenn der Seniorenheimbetreiber sich sofort bei der Arbeitnehmerin wegen der versehentlichen Namensnennung in dem Flyer entschuldigt hat und er damit mögliche Missverständnisse beim neuen Arbeitgeber ausräumen kann.
Die Klägerin arbeitete bis zum 31. Oktober 2021 mehrere Jahre in einer Senioreneinrichtung als Pflegedienst- und Bereichsleiterin. Sie wirkte dabei auch an der Erstellung eines Werbeflyers für ihren Arbeitgeber, ein Seniorenstift, mit. Mit ihrem Einverständnis wurde sie in dem Flyer mit vollem Namen und ihrer dienstlichen Telefonnummer als Ansprechpartnerin aufgeführt.
Entschuldigung für „Missgeschick“ per E-Mail
Als das Arbeitsverhältnis endete und die Frau eine neue Stelle als Leiterin einer Seniorenresidenz im Westerwald erhielt, ließ ihr früherer Arbeitgeber den Werbeflyer neu drucken und einem kostenlosen Anzeigenmagazin beilegen. Allerdings war darin versehentlich immer noch die Klägerin als Ansprechpartnerin aufgeführt. Als der Personalleiter den Fehler bemerkte, entschuldigte er sich per E-Mail sofort bei der früheren Mitarbeiterin für dieses „Missgeschick“.
Der Frau genügte die Entschuldigung nicht. Ihr früherer Arbeitgeber habe mit der Weiterverwendung ihres Namens gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen. Wegen der unberechtigten Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten verlangte sie mindestens 15.000 Euro Schadensersatz.
Sie habe ihrem Freundes- und Bekanntenkreis erklären müssen, dass sie nicht mehr in dem Unternehmen arbeitet. Sie benannte hierfür elf Personen, die das bezeugen könnten. Außerdem habe sie die Befürchtung gehabt, dass ihr neuer Arbeitgeber aufgrund des Flyers ihr eine verbotene Konkurrenztätigkeit in dem Seniorenstift unterstellen würde, was womöglich eine fristlose Kündigung nach sich ziehen könnte.
Arbeitsgericht sprach Entschädigung zu
Während das Arbeitsgericht Koblenz der Klägerin noch wegen des Verstoßes gegen die DSGVO eine Entschädigung in Höhe von 3.000 Euro zusprach, wies das LAG die Frau ab. Allerdings liege ein Verstoß gegen die DSGVO vor, weil der frühere Arbeitgeber den Namen der Klägerin unberechtigt in dem Flyer weiter verwendet hat. Personenbezogene Daten dürften grundsätzlich nicht länger gespeichert und verarbeitet werden als nötig, so das Gericht.
Die Mainzer Richter verwiesen auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). So habe der EuGH am 4. Mai 2023 geurteilt, dass allein ein Verstoß gegen die Datenschutzregeln der EU für sich genommen noch keinen Anspruch auf Schadensersatz auslöst. Allerdings könne auch ein geringer Schaden bereits zu einem Schmerzensgeldanspruch führen.
Das BAG urteilte am 17. Oktober 2024, dass allein ein Kontrollverlust über die personenbezogenen Daten eines Beschäftigten noch keinen Schadensersatzanspruch begründen kann. Im Streitfall hatte ein Arbeitgeber den privaten USB-Sticks eines Azubis eingezogen, weil er vermutete, dass darauf heimlich Kundendaten abgespeichert wurden. Der Azubi bestritt das und fürchtete, dass der Arbeitgeber Missbrauch mit seinen auf dem USB-Stick enthaltenen privaten Daten betreiben würde. Er leide deshalb an Schlaf- und Angststörungen. Das habe er aber nicht glaubhaft belegt, urteilte das BAG, so dass der Azubi keinen Schadensersatz und kein Schmerzensgeld verlangen könne.
Gericht sieht keinen wirklichen Schaden
Im aktuellen Verfahren urteilte das LAG, dass auch der Klägerin kein Schaden entstanden sei. Allein die Befürchtung einer missbräuchlichen Verwendung der Daten - hier des auf dem Werbeflyer aufgeführten Namens der Klägerin - reiche aber nicht aus. Es müssten konkrete Umstände vorliegen, die das Missbrauchsrisiko untermauern.
Persönliche und psychologische Beeinträchtigungen seien wegen der Namensnennung nicht ansatzweise zu erkennen. Der frühere Arbeitgeber habe sich sofort für das offensichtliche Missgeschick per E-Mail entschuldigt. Selbst wenn der neue Arbeitgeber wegen des Flyers eine verbotene Konkurrenztätigkeit unterstellt hätte, hätte die Klägerin dies mit der Entschuldigungs-E-Mail des Personalleiters des Seniorenstifts entkräften können. Auf dem Flyer sei zudem kein Foto der Klägerin und auch nur ihre dienstliche Telefonnummer genannt worden.
Eine entschädigungspflichtige allgemeine Persönlichkeitsrechtsverletzung liege auch nicht vor. Weder werde mit dem Flyer das Ansehen der Klägerin beeinträchtigt, noch werde ihre Ehre damit verletzt, so das Gericht.
Az.: 5 Sla 66/24 (Landesarbeitsgericht)
Az.: C-300/21 (Europäischer Gerichtshof)
Az.: 8 AZR 215/23 (Bundesarbeitsgericht)