Kein Geld bei Krankheit trotz Arbeitsvertrag
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Erkrankte Arbeitnehmer sollen durch Entgeltfortzahlung und Krankengeld vor finanziellen Belastungen geschützt werden. Tritt ein Versicherter jedoch wegen Krankheit eine neue Stelle nicht an und wird ihm gekündigt, kann er leer ausgehen, urteilte das Landessozialgericht Celle.

Celle (epd). Arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung in einem neuen Arbeitsverhältnis mindestens einen Monat gearbeitet haben. Konnten sie nach dem Unterschreiben ihres Arbeitsvertrags krankheitsbedingt ihre Arbeit nicht antreten und wurde ihnen noch in der Probezeit gekündigt, kann ihnen auch das Krankengeld versagt werden, stellte das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in Celle in einem am 10. Februar bekanntgegebenen Urteil klar.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen müssen Arbeitgeber bei Arbeitsunfähigkeit eines erkrankten Arbeitnehmers sechs Wochen lang Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leisten. Danach erhält der erkrankte Arbeitnehmer innerhalb von drei Jahren bis zu 72 Wochen Krankengeld von seiner Krankenkasse. Bei neuen Arbeitsverhältnissen besteht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung erst nach einer Wartezeit von vier Wochen. Während der Wartezeit kann ein Krankengeldanspruch bestehen. Voraussetzung ist, dass der betroffene Arbeitnehmer keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall hat.

Kündigung innerhalb der Probezeit

Im konkreten Fall hatte der 36-jährige arbeitslose Kläger aus dem Landkreis Cuxhaven vor Auslaufen seines Arbeitslosengelds Ende Oktober 2023 eine neue Stelle als Lagerist in einem Reinigungsunternehmen gefunden. Den Arbeitsvertrag unterschrieb er noch im Oktober. Zum Arbeitsantritt ab November kam es wegen einer Erkrankung nicht.

Der Arbeitgeber kündigte dem Mann zwei Wochen später innerhalb der Probezeit. Er wurde nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Da die vierwöchige Wartezeit nicht erfüllt war, erhielt er von seinem Arbeitgeber auch keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Auch die Krankenkasse lehnte die Zahlung von Krankengeld an den Mann ab. Er habe kein Einkommen erzielt, so dass auch kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe.

Der Kläger forderte seinen Arbeitgeber auf, ihn ab dem Zeitpunkt, an dem er seinen Arbeitsvertrag unterschrieben hatte, zur Sozialversicherung anzumelden. Damit wollte er seinen Krankengeldanspruch sichern. Durch den Arbeitsvertrag sei ein Beschäftigungsverhältnis begründet worden. Dies müsse auch dann gelten, wenn er krankheitsbedingt an der Arbeitsaufnahme gehindert sei.

Gericht gibt Arbeitgeber recht

Das LSG urteilte aber, dass allein die Unterschrift unter dem Arbeitsvertrag noch kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründe. Erst wenn das Arbeitsverhältnis ununterbrochen vier Wochen bestanden habe und der Arbeitnehmer Arbeitsentgelt erzielt habe, bestehe ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Erst dann müsse der Arbeitgeber den Kläger zur Sozialversicherung anmelden.

Auch Krankengeld konnte er mit seiner Klage nicht durchsetzen. Zum einen hätte er hierfür seine Krankenkasse und nicht seinen Arbeitgeber verklagen müssen. Zum anderen könne es nach dem Gesetz während der vierwöchigen Wartezeit kein Krankengeld geben, wenn der Arbeitnehmer anderweitig für den Krankheitsfall abgesichert sei. Dies sei hier der Fall, da der Kläger über seine Ehefrau familienversichert gewesen sei. Dies schließe einen Krankengeldanspruch aus.

Ärzte müssen Krankheit rechtzeitig melden

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. November 2023 geht ein Krankengeldanspruch jedoch nicht verloren, wenn der krankschreibende Vertragsarzt die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten der Krankenkasse zu spät mitgeteilt hat. Die Meldung an die Krankenkassen ist seit 2021 eine Pflicht des Vertragsarztes und nicht mehr des Versicherten. Eine verspätete Meldung könne daher nicht dem Versicherten angelastet werden.

Besteht ein Krankengeldanspruch, können Versicherte 70 Prozent des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts erhalten. Zuvor geleistete Überstunden wirken sich aber nicht generell erhöhend auf das Krankengeld aus, urteilte das LSG Baden-Württemberg am 5. September 2018. Überstunden könnten nur dann erhöhend berücksichtigt werden, wenn sie regelmäßig anfallen. Die Mehrarbeit für die Einarbeitung eines Arbeitnehmers zähle dagegen nicht mit, da sie nicht regelmäßig anfalle, so die Stuttgarter Richter.

Versicherte haben auch Anspruch auf Krankengeld, wenn sie wegen der Erkrankung ihres unter zwölf Jahre alten Kindes nicht arbeiten können. Der Anspruch auf dieses Kinderkrankengeld besteht für zehn Tage im Jahr, bei Alleinerziehenden für 20 Tage. Voraussetzung ist, dass das Kind im Haushalt des Versicherten lebt, stellte das Sozialgericht Neuruppin in einem Gerichtsbescheid vom 18. November 2020 klar. Sind die Eltern getrennt und springe ein Vater bei der Betreuung des bei der Mutter lebenden erkrankten Kindes ein, könne dieser kein Krankengeld beanspruchen.

Az.: L 16 KR 61/24 (Landessozialgericht Celle)

Az.: B 3 KR 23/22 R (Bundessozialgericht)

Az.: 5 KR 4242/17 (Landessozialgericht Stuttgart)

Az.: S 20 KR 244/19 (Sozialgericht Neuruppin)

Frank Leth