Nach langen Verhandlungen haben SPD, Grüne und Union eine Einigung zum besseren Schutz von Frauen vor Gewalt erzielt. Das Gewalthilfe-Gesetz kommt. Sozialverbände zeigen sich erleichtert.
Berlin (epd). Die Fraktionen von SPD, Grünen und CDU/CSU haben sich auf ein Gesetz für einen besseren Schutz für von Gewalt betroffene Frauen geeinigt. Wie die zuständigen Fachpolitikerinnen am 29. Januar mitteilten, soll damit noch vor der Neuwahl des Bundestags am 23. Februar das sogenannte Gewalthilfegesetz verabschiedet werden. Es sieht vor, dass Frauen, die Opfer etwa von häuslicher Gewalt werden, einen Rechtsanspruch auf einen Schutzplatz bekommen und sich der Bund an der Finanzierung von Frauenhäusern beteiligt.
Der Rechtsanspruch bedeute einen Paradigmenwechsel für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder, heißt es in der Erklärung von Leni Breymaier (SPD), Silvia Breher (CDU), Maria Klein-Schmeink (Grüne) und anderen Abgeordneten. Nach ihren Angaben beteiligt sich der Bund an der Finanzierung des Gewalthilfesystems in einer Höhe von 2,6 Milliarden Euro. Das ist so viel, wie im Entwurf von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) vorgesehen war.
Paus: Großer Schritt nach vorne
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sprach von einem „großen Schritt nach vorne“ bei der Umsetzung eines kostenlosen Rechts- und Beratungsanspruchs für Frauen. Nach Angaben des Familienministeriums sollen die Länder nun den Bedarf für Schutzplätze und Beratung ermitteln und das Hilfesystem entsprechend ausbauen.
Keine Einigung gab es nach Angaben der Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker der Fraktionen dagegen beim Gewaltschutzgesetz. Der Entwurf sah vor, den Einsatz elektronischer Fußfesseln bei Gewalttätern und die Anordnung verpflichtender Anti-Gewalttrainings zu ermöglichen.
Beide Gesetze waren erst nach dem Bruch der Ampel-Koalition auf den Weg gebracht worden. Die verbliebene Regierungskoalition aus SPD und Grünen war wegen Widerstands der FDP auf Unterstützung der Union für die Vorhaben angewiesen.
„Die jetzt erzielte Einigung zum Gewalthilfegesetz ist ein entscheidender Schritt zur Umsetzung der Istanbul Konvention. Erstmals beteiligt sich der Bund an der Finanzierung der Frauenhäuser und sichert so den Rechtsanspruch auf Schutz für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder“, betonte Yvonne Fritz, Vorständin SkF Gesamtverein.
„Wir sind erleichtert, dass die Parteien dem Recht auf ein Leben frei von Gewalt den Stellenwert eingeräumt haben, den es verdient“, sagte Sylvia Haller, Vorstandsmitglied des Deutschen Frauenrats und Leiterin des Fachausschusses "Gewalt gegen Frauen beenden”, nach der Ausschussentscheidung. Sie lobte, dass sich nun der Bund erstmalig an der Finanzierung der Frauenhäuser beteiligt. Auch die wichtige Präventionsarbeit in Frauenhäusern und Beratungsstellen werde dieses Gesetz immens verstärken.
Überwiegend Zustimmung von Fachleuten
Bei einer Anhörung des Familienausschusses am 27. Januar stieß der Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Gewaltschutz, der wortgleich mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung ist, überwiegend auf Zustimmung. Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hält jedoch die Einführung eines in dem Gesetz geplanten individuellen Rechtsanspruchs auf Schutz und Beratung bei Gewaltbetroffenheit für derzeit nicht umsetzbar.
Der Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei Gewaltbetroffenheit soll ab 2030 gelten. Die Länder sollen verpflichtet werden, ein Netz an zahlenmäßig ausreichenden und den Bedarf verschiedener Personengruppen berücksichtigenden Schutz- und Beratungsangeboten sicherzustellen. Der Bund will sich durch Verzicht auf ihm zustehende Steuereinnahmen zu Gunsten der Länder an der Finanzierung beteiligen.
Dilken Çelebi vom Deutschen Juristinnenbund (DJB) begrüßte die Einführung eines Gewalthilfegesetzes und sprach von einem sehr notwendigen Paradigmenwechsel. Es brauche einen rechtlich verbindlichen Anspruch auf Hilfe. Die Stärke des Gesetzes, so Çelebi, liege in der umfassenden Betrachtung eines Hilfesystems.
Hoffen auf längerfristige finanzielle Sicherheit
Die finanzielle Beteiligung des Bundes sei ein wichtiger Baustein „für die bundeseinheitliche Regelung eines Rechtsanspruchs auf Schutz und Beratung für gewaltbetroffene Menschen und für die entsprechend notwendige Ausgestaltung des Hilfesystems“, sagte Stefanie Fraaß vom AWO-Landesverband Bayern. Eine unbefristete finanzielle Beteiligung des Bundes wäre aus Sicht der Arbeiterwohlfahrt wünschenswert, um eine langfristige finanzielle Absicherung gewährleisten zu können.
Auch der VdK hatte zuvor die Abgeordneten aufgerufen, den Weg für das Gesetz freizumachen. „Das Hilfesystem in Deutschland ist für gewaltbetroffene Personen bisher unzureichend. Auch die Finanzierung der Hilfsangebote ist nicht genug gesichert“, sagte Verbandschefin Verena Bentele am 27. Januar. Gewalt gegen Frauen sei keine Randerscheinung. „Studien zeigen, dass mehr als jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt erfährt. Jede vierte Frau wird Opfer von Gewalt durch ihren Partner oder ehemaligen Partner“, so Bentele.