Fachverband: Kita-Qualitätsgesetz ist richtungweisendes Instrument
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Paul Nowicki

Der Bund stellt Milliarden bereit, um die Umsetzung des dritten Gesetzes zur „Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe“ in der Kindertagesbetreuung finanziell abzusichern. Doch lässt sich damit die Betreuungsqualität in den Einrichtungen wirklich heben? Und auch zusätzliches Fachpersonal anwerben? Fragen an Paul Nowicki, den Geschäftsführer des Verbands Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) - Bundesverband.

Freiburg (epd). Mit dem am 10. Oktober vom Bundestag und am 18. Oktober vom Bundesrat beschlossenen Gesetz werden bestehende Vorgaben fortgeschrieben und weiterentwickelt. Der katholische Fachverband begrüßt das Vorhaben. Laut Geschäftsführer Paul Nowicki wird nun „ein auskömmlich und verlässlich finanziertes bundeseinheitliches Qualitätsentwicklungsgesetz tatsächlich umgesetzt“. Die Fragen stellte Dirk Baas.

epd sozial: Vor nicht allzu langer Zeit, im Jahr 2019, brachte der Bund unter Familienministerin Franziska Giffey (SPD) ein „Gute-Kita-Gesetz“ auf den Weg. Ziel war auch damals, die Qualität in der Betreuung zu verbessern. Es war nicht der erste Versuch, jetzt folgt ein weiterer. Was ist von dem neuen Gesetz zu erwarten?

Paul Nowicki: Als Verband begrüßen wird das von Bundestag und Bundesrat beschlossene Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung (KiQuTG), denn das finanzielle Engagement des Bundes im Bereich der strukturellen Qualität von Tageseinrichtungen für Kinder wird im vergleichbaren Umfang beibehalten. Das stellt einen wichtigen Schritt und eine notwendige Voraussetzung dar für die im „Letter of Intent“ vom März 2024 von der Jugend- und Familienministerkonferenz und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) gegebene Zusicherung, ein auskömmlich und verlässlich finanziertes bundeseinheitliches Qualitätsentwicklungsgesetz tatsächlich umzusetzen.

epd: Das Familienministerium sagt zum Gesetz, es leiste einen „Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit für alle Kinder durch Verbesserung der Qualität in der frühkindlichen Bildung sowie zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Würden Sie das unterschreiben?

Nowicki: Ein früher Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Bildung, Betreuung und Erziehung ist nicht selbstverständlich. Die Chancengerechtigkeit beim Zugang zu Bildung bleibt viel zu oft auf der Strecke. Zu Recht setzen sich die beiden Ministerien das Ziel, mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf auf Änderung hinzuwirken. Dieser Schritt folgt der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass Investitionen in Bildung vor allem dann erfolgreich sind, wenn sie auf Strukturen mit vergleichbarer Qualität treffen. Weder der Wohnort noch die Herkunft noch die persönlichen finanziellen Möglichkeiten dürfen für den Erfolg von Bildungskarrieren entscheidend sein. Ein Engagement des Bundes kann nur in enger Kooperation und Abstimmung mit den Bundesländern erfolgreich sein. Das wurde im Gute-Kita-Gesetz und dessen Folgeregelungen umgesetzt und ist nun auch KiQuTG enthalten.

epd: Welche Erfolge hatte denn das „Gute-Kita-Gesetz“, das nun fortgeschrieben wird?

Nowicki: Vor dem Hintergrund der Ergebnisse des Monitorings der bisherigen Gesetzgebung ist festzuhalten, dass die Reformen die Kita-Qualität durchaus verbessert haben. Allerdings wurde die Ungleichheit dadurch nicht beseitigt, die durch die föderalen Strukturen noch verstärkt wird.

epd: Erneut wird viel Geld angekündigt, jeweils zwei Milliarden Euro für die Jahre 2025 und 2026. Rechnet man die Investitionszuschüsse aus diesem und dem vorherigen Jahr dazu, kommt man auf acht Milliarden Euro. Wohin wird das Geld fließen und was soll sich in der Betreuung der Kinder vor Ort verbessern?

Nowicki: Dass der Bund sich weiterhin in bisheriger Höhe für die frühkindliche Bildung engagiert, ist begrüßenswert, weil er damit seiner Verantwortung für den frühkindlichen Bildungsbereich und die Kitas nachkommt. Ob die Finanzierung auf Dauer auskömmlich ist, darf jedoch bezweifelt werden.

epd: Oft wurde in der Vergangenheit beklagt, dass die Gelder an der Basis nicht ankommen. Noch ist unklar, welches Bundesland wie viel Fördergeld bekommt. Und dann müssen die Länder die Hilfen Städten und Landkreisen zuteilen. Wie würden Sie sich diese Zuteilung wünschen, für Einzelmaßnahmen oder gebündelt an alle Einrichtungen?

Nowicki: Die finanzielle Förderung des Bundes basiert auf einem bewährten System, bei dem die Länder über ein vertragliches Abkommen ihre Förderziele festlegen und die entsprechenden Gelder über die vorgesehenen Strukturen erhalten. Das neue Gesetz enthält hier eine größere Flexibilität und kommt daher sicherlich den Ländern entgegen.

epd: Weiteres Ziel ist es, ein Qualitätsentwicklungsgesetz zu entwickeln, das bundesweite Standards vorschreibt. Warum ist das wichtig und was soll da genormt werden, wo doch die Kinderbetreuung von Bundesland zu Bundesland anders organisiert ist und auch zwischen Stadt und Land oft nicht vergleichbar ist?

Nowicki: Bildungsteilhabe und Bildungsgerechtigkeit durch qualitativ hochwertige Standards in Tageseinrichtungen für Kinder herzustellen, ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag. Damit wird ein wesentlicher Beitrag zur Einhaltung der Kinderrechte und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf geleistet sowie eine nicht zu unterschätzende Investition in den Wirtschaftsstandort Deutschland getätigt. Hier muss der Bund eine Vergleichbarkeit der Standards zwischen den Ländern herstellen, um eine Vergleichbarkeit der Bildungszugänge und der Bildungsqualität zu gewährleisten.

epd: Reden wir noch über das fehlende Personal und die angestrebten besseren Personalschlüssel. Werden die neuen Gelder dazu beitragen, neue Fachkräfte zu finden? Und wie soll das im Idealfall erreicht werden?

Nowicki: Dazu gibt es einen Handlungskatalog, der vom Bundesfamilienministerium veröffentlicht und durch die Arbeitsgruppe Gesamtstrategie Fachkräfte erarbeitet wurde. Doch wird wohl der überwiegende Teil der Maßnahmen erst mittel- bis langfristig greifen. Aber: In großer Übereinstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen auf Basis wissenschaftlicher Expertise ist ein richtungsweisendes Instrument entstanden. Die Umsetzung sollte jetzt von der gleichen Expertengruppe begleitet werden, damit eine tiefergehende und nachhaltige Steuerung der Umsetzung gelingen kann.

epd: Gelder zur Beitragsentlastung will der Bund nach einer Übergangsfrist nicht mehr geben. Den Ländern steht es jedoch frei, die Beitragssenkungen weiter selbst zu finanzieren. Wird das angesichts knapper Kassen überhaupt zu erwarten sein? Welche Folgen hätte das für die Eltern?

Nowicki: Die Beitragsentlastung ist eine notwendige und dringend umzusetzende Maßnahme. Daran besteht kein Zweifel, denn auch Kitas sind wie Schulen Bildungseinrichtungen. Das KiQuTG ist jedoch ein Gesetz zur Förderung der Kita-Qualität. Beitragsfreiheit ist jedoch kein Qualitätsmerkmal für die pädagogische Arbeit. Der Bund wie die Länder haben beides zu fördern: Kita-Qualität und Beitragsfreiheit, aber jedes mit der passenden gesetzgeberischen Maßnahme.