Mütterrente - Gerechtigkeit für einen 24/7-Job
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Mechthild Heil

Mit der 2014 eingeführten sogenannten Mütterrente wird die unbezahlt geleistete Erziehungsarbeit von Frauen anerkannt. Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) hat sich jahrelang für sie eingesetzt. Die Bundesvorsitzende Mechthild Heil beschreibt in Ihrem Gastbeitrag für epd sozial den Einsatz für die Mütterrente und erklärt, warum der Kampf trotz erzielter Erfolge noch nicht zu Ende ist.

Können Sie sich das vorstellen: Rund um die Uhr arbeiten und dafür keinen Cent erhalten? Sie würden mich wahrscheinlich verständnislos ansehen und sagen: „Natürlich nicht“. Das aber machen viele Mütter. Dabei wurde in der Vergangenheit, und wird es teilweise noch heute, ihre Arbeit in der Familie wenig anerkannt.

Aus diesem Grund forderten wir als kfd bereits im April 2012 zusammen mit dem Katholischen Deutschen Frauenbund: „Wer Kinder erzieht, leistet einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft. Das gilt für alle Generationen und muss deshalb in gleicher Weise anerkannt werden.“ Vehement und unermüdlich haben wir uns seither für das Recht und die Entlohnung jener Frauen eingesetzt, die in den 1970er und 1980er Jahren kaum Möglichkeiten hatten, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen. Es fehlten Kinderbetreuungsplätze und familienpolitische Leistungen wie Elterngeld und Erziehungszeiten.

Aber was bedeutet eigentlich Mütterrente? Mit der seit 2014 eingeführten sogenannten Mütterrente sind die Zeiten der Kindererziehung gemeint, die von der Deutschen Rentenversicherung etwa so angerechnet werden, als hätten Mütter regulär Beiträge eingezahlt. Sie kommt bisher Müttern oder Vätern zugute, deren Kinder vor 1992 geboren wurden. Auch Frauen, die nie sozialversicherungspflichtig erwerbstätig waren, können durch die Mütterrente Rentenansprüche geltend machen, wenn sie mindestens zwei Kinder haben und so die erforderliche Mindestzeit von fünf Jahren erreichen. Damit wird die unbezahlt geleistete Erziehungsarbeit von Frauen anerkannt. Gleichberechtigung in Kirche und Gesellschaft ist unser zentrales Anliegen. Daher ist es nur natürlich, dass wir uns als Verband für Mütter starkmachen - damals wie heute.

Beharrlichkeit zahlt sich aus

202.000 Menschen haben die Forderung nach mehr Rentengerechtigkeit durch ihre Unterschrift im Jahr 2012 unterstützt. Wir hatten zusammen mit dem Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) dazu aufgerufen. Bereits damals wurden die drei Entgeltpunkte gefordert. Trotz dieser Aktion und vieler Briefe der damaligen Bundesvorsitzenden, Maria Theresia Opladen, an die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) passierte nicht viel. Ein Jahr später starteten wir, dieses Mal mit mehreren Verbänden als „Rentenbündnis katholischer Verbände“, eine Postkartenaktion. Nach der Bundestagswahl im September 2013 erhielten die neu gewählten Abgeordneten Postkarten mit der Aufforderung, sich für eine Rentenreform einzusetzen, die Altersarmut verhindert, das solidarische, leistungsbezogene System stärkt und Erziehungs- und Pflegezeiten besser anerkennt. Unser Bundesverband schickte Briefe mit der Postkarte an damalige Politikerinnen und Politiker, darunter Angela Merkel, Horst Seehofer, Andrea Nahles und Sigmar Gabriel.

Schließlich wurde die zukünftige Mütterrente im Koalitionsvertrag von Union und SPD im November 2013 mit aufgenommen. Mit dem Beschluss des Bundestags zur Leistungsverbesserung in der gesetzlichen Rentenversicherung trat am 1. Juli 2014 die Mütterrente in Kraft. Seitdem erhalten Mütter bei der Rentenberechnung einen zusätzlichen Entgeltpunkt (insgesamt dann zwei Rentenpunkte) für die Erziehung jedes Kindes, das vor 1992 geboren wurde. Das war und ist ein riesiger politischer Erfolg für uns als Verband.

Trotz dieses Erfolgs haben wir unser Ziel nie aus den Augen verloren. Für mehr Rentengerechtigkeit fordern wir weiterhin, dass Frauen, die vor 1992 Kinder geboren haben, ihre Erziehungsleistung mit drei Entgeltpunkten in der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt bekommen. Im Jahr 2017 startete das „Rentenbündnis der katholischen Verbände“ daher eine weitere Postkartenaktion an Abgeordnete. Im Vordergrund stand erneut die Bekämpfung der Altersarmut; darin war auch die Forderung nach drei Entgeltpunkten für Mütter enthalten. Im Folgejahr sammelten wir und der KDFB für unser Anliegen 60.000 Unterschriften und überreichten sie dem damaligen Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD). Mit Erfolg. 2019 trat schließlich die sogenannte Mütterrente II in Kraft. Die damalige Bundesregierung aus Union und SPD konnte sich allerdings nur auf 2,5 Rentenpunkte einigen.

Ausblick und Wunsch

Anfang dieses Jahres wurde im Bundestag über die Mütterrente debattiert. Kontroverse Diskussionen gab und gibt es über die Einführung einer einheitlichen Mütterrente. Diese würde bedeuten, dass die Frauen, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, die gleichen Rentenpunkte erhalten wie Frauen mit Kindern, die nach 1992 geboren sind. Konkret wären das dann einheitlich drei Rentenpunkte je Kind. Wir als kfd gehen davon aus, dass die Diskussion um die einheitliche Mütterrente auch ein Thema der nächsten Regierung sein wird, und bleiben weiter dran.

Werden die drei Rentenpunkte beschlossen, dann erfüllt sich für uns eine jahrelange Forderung. Es wäre ein Zeichen echter Generationengerechtigkeit, das außerdem dazu beiträgt, die (drohende) Altersarmut von Frauen zu verhindern und die Sozialsysteme zu entlasten.

Die Entlohnung für Mütter ist ein Baustein auf dem Weg zur wirklichen Gleichstellung von Frauen und Männern in der Gesellschaft. Er ist Bestandteil der kfd-Arbeit. Die gleiche Wertschätzung und den gleichen Respekt für Frauen und Männer machen wir in unserer aktuellen Postkartenaktion zur Bundestagswahl deutlich: Gleiche Macht, gleiche Zeit, gleiches Geld sind die Forderungen. Denn Gleichstellung ist kein Selbstläufer, sondern wird von allen gestaltet. Macht, Zeit und Geld müssen fair verteilt werden. Diesem Ziel können wir als Verband durch konkrete Maßnahmen näherkommen - wie mit der Mütterrente.

Mechthild Heil ist Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd).