
Die Stadt Frankfurt am Main ist alarmiert: Zum ersten Mal wurde im Januar 2025 Fentanyl im Straßenheroin nachgewiesen. Umso wichtiger sind die Drogenkonsumräume der Stadt: Sie retten Leben.
Frankfurt a.M. (epd). In den USA sind Opioide wie etwa Fentanyl schon länger im Umlauf. Nun kommen die Stoffe offenbar auch nach Deutschland. Mitarbeiter des Drogenkonsumraums der Integrativen Drogenhilfe in der Niddastraße in Frankfurt am Main haben Ende Januar 48 Verpackungen von Heroin auf Beimischungen von Fentanyl getestet, 25 davon positiv. Die Substanz wirkt 50- bis 100-fach stärker als Heroin und wird in der Medizin bei starken Schmerzen eingesetzt. Die Tests seien anschließend durch ein Labor bestätigt worden, sagte der Einrichtungsleiter der Integrativen Drogenhilfe, Ronald Schneider, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Die Klienten des Konsumraums hätten das verunreinigte Heroin im Anschluss dennoch konsumiert, sagte Schneider, ohne dass es zu Überdosierungen gekommen sei. In den vergangenen 30 Jahren, seit Bestehen der Drogenkonsumräume, sei hier noch kein Mensch an einer Überdosis gestorben. Das bestätigt auch ein Sprecher des Frankfurter Drogendezernats dem Evangelischen Pressedienst: „Die Drogenkonsumräume retten tagtäglich Leben.“ Dennoch nimmt Schneider die Entwicklungen sehr ernst: „Wir sind nicht in Panik. Aber wir wollen vorbereitet sein und wollen wissen, was auf der Straße unterwegs ist. Nur so können wir auch effektiv erste Hilfe in den Konsumräumen leisten.“
Stadt ist alarmiert
In den USA starben allein im Jahr 2023 nach Angaben der Drogenbehörde DEA rund 107.000 Menschen nach Drogenkonsum, mehr als 70 Prozent davon wegen einer Opioid-Überdosis. Fentanyl ist dabei besonders tückisch: Kleinste Mengen können bereits tödlich sein, die Dosierung der Droge ist kaum möglich. Eine Überdosis kann zu einem Atemstillstand führen.
In Frankfurt sei eine vergleichbare Krise nicht zu erwarten, sagte der Sprecher des Drogendezernats. Das Medikament werde in Deutschland deutlich seltener verschrieben. Dennoch befürchtet er, dass sich das Problem der Beimischung zum Straßenheroin verstetigt. „Wir sind als Stadt wegen der Funde hoch alarmiert.“
Nach Angaben des Bundeskriminalamts wird das auf dem europäischen Markt verfügbare Heroin knapper. Grund dafür könnte unter anderem der Rückgang des Schlafmohnanbaus in Afghanistan unter den Taliban sein. Die Folge: Der Reinheitsgehalt sinkt, die Preise steigen, und das Risiko der Streckung mit gefährlichen Substanzen wie Fentanyl oder Nitazenen nimmt zu.
Die Stadt Frankfurt und Schneider fordern daher die rasche Umsetzung des Bundesgesetzes zur Ermöglichung von quantitativen „Drug-Checking-Programmen“ durch das Land Hessen. Dies würde ermöglichen, dass die Konsumenten mit Schnelltests ihr Heroin auf Fentanyl testen können. Bisher stehen den Konsumräumen nur qualitative Schnelltests zur Verfügung. Sie zeigen lediglich an, ob Fentanyl enthalten ist - nicht aber, wie viel.
Drogenmarkt in Bewegung
Eine weitere Maßnahme sei die erhöhte Bereitstellung von Naloxon-Nasenspray, eines verschreibungspflichtigen Gegenmittels, das die Wirkung von Opioiden aufhebt und dadurch bei Überdosierung die Atmung wiederherstellt. Das Gegenmittel wird in Notfällen in den Konsumräumen in Frankfurt verabreicht. Schneider appelliert an alle Menschen mit Heroin-Abhängigkeit, ausschließlich in den Einrichtungen der Integrativen Drogenhilfe oder zumindest nicht alleine zu konsumieren: „Wer heute Stoff von der Straße kauft, begibt sich in einen absoluten Blindflug hinein.“ Darüber hinaus fordert er den vereinfachten Zugang zu Substitution und Ersatzmedikamenten.
Der Drogenmarkt ist in Bewegung, sagt der Sprecher des Drogenreferats: „Wir sehen Entwicklungen wie den Crack-Boom, das Auftauchen der Modedroge Lachgas - und jetzt zunehmend synthetische Opioide.“ Frankfurt veranstalte daher eine internationale Fachtagung am 18. Juni, um Handlungsstrategien im Umgang mit Opioiden zu erarbeiten. Auch plane die Stadt aktuell ein neues Suchthilfezentrum, um schneller auf Veränderungen im Drogenmarkt reagieren zu können.