
Eine Ausbildung kann hart sein. Nicht alle bringen sie zu Ende. Für die, die in ihrer Lehre auf der Kippe stehen, bietet die Assistierte Ausbildung eine Möglichkeit, doch einen Berufsabschluss zu schaffen.
Frankfurt a.M. (epd). Die Sache schien ihr sehr verlockend. Köchin werden - da findet man immer einen Job! 2021 stieg Cyrine (Name geändert) in die Ausbildung ein. Die lief zunächst auch ganz gut. Bis zur schriftlichen Abschlussprüfung. „Ich fiel zweimal durch“, berichtet die 34-Jährige, die 2015 aus Syrien floh. Im Mai will sie die Prüfung endlich schaffen. Dabei hilft ihr der Bildungsdienstleister „inab“ am westfälischen Standort Bad Berleburg mit dem Instrument „Assistierte Ausbildung“ (AsA).
Eine ganze Weile grübelte Cyrine, auf welche Weise sie den Ausbildungsabschluss erreichen könnte. Durch eine Freundin erfuhr sie von AsA. Seit einem Monat lässt sie sich unterstützen. Die Förderung besteht in ihrem Fall in Nachhilfe: „Ich fiel in Wirtschaft und Sozialkunde sowie Warenwirtschaft durch.“ Dreimal in der Woche ist Cyrine für zwei Stunden bei „inab“, um zu lernen.
Ganzheitliche Unterstützung
Von der AsA sei sie begeistert: „Meine Lehrerin sagte mir, dass ich mit allen Problemen zu ihr kommen kann.“ Darin besteht der Wesenskern des Instruments: Jugendliche, die, bevor ihre Lehre scheitert, die Reißleine ziehen, werden ganzheitlich unterstützt. Wobei auch AsA nicht alle Probleme lösen kann.
Dass eine Ausbildung scheitert, weil sich ein Jugendlicher mit dem Lernstoff schwertut, weil es im Betrieb Konflikte gibt oder der Azubi mit seinem Leben überfordert ist, solche Risiken will man nicht in Kauf nehmen. Die AsA diene dazu, Ausbildungsverhältnisse zu stabilisieren, erläutert Andre Stephan-Park, Pressesprecher der Bundesarbeitsagentur in Nürnberg: „Das geschieht durch Nachhilfeunterricht und Unterstützung bei der Fachtheorie.“ Manchmal werde auch Deutsch gebüffelt.
Grundsätzlich können alle Azubis, auch wenn sie keine diagnostizierte Beeinträchtigung haben, unterstützt werden. 22.220 Teilnehmer waren im September 2024 bei der Bundesarbeitsagentur registriert. Bei gut einem Drittel handelte es sich um ausländische Lehrlinge. Sieben Prozent hatten keinen Schulabschluss. Die Rangliste der Berufe wird von der Kraftfahrzeugtechnik, dem Verkauf und der Bauelektrik angeführt.
Im Durchschnitt um 1,8 Schulnoten verbessert
AsA ist oft maßgebend an der positiven Entwicklung eines Azubis beteiligt. Die Jugendlichen berichten laut Stephan-Park, dass sie sich sowohl fachlich als auch sozial weiterentwickelt hätten. Die in der Berufsschule erbrachten Leistungen verbesserten sich im Schnitt um 1,8 Schulnoten.
Durch AsA lernen die Jugendlichen auch, dass man Probleme nicht schleifen lassen sollte. Nach dem Schock des Durchfallens geht vielen ein Licht auf, meint Sedat Saatci vom Verein Ausbildungs- und Berufsförderungsstätte Albstadt (ABA) im Bereich Villingen-Schwenningen. Hier werden derzeit 130 Jugendliche begleitet.
Einer von ihnen ist Tom (Name geändert), der gerne Elektriker werden würde. Sich diesen Wunsch zu erfüllen, ist für ihn jedoch weitaus schwieriger als gedacht. Obwohl sich Tom redliche Mühe gab, wollte es mit dem Lernen nicht klappen. „Er verstand die Aufgaben einfach nicht“, sagt Saatci. Zweimal flog Tom durch das erste Lehrjahr.
Oft ganzes Problembündel
Danach nahm sein Ausbildungsbetrieb Kontakt zu ABA auf. Tom sei zunächst völlig unmotiviert gewesen, erzählt sein Bildungsbegleiter. Sein Frust war riesig. Anfangs musste viel Überzeugungsarbeit geleistet werden, dass es sich lohnen würde, weiterzumachen. Die Assistenz bestand auch darin, Textverständnis zu erwerben. Heute weiß Tom, was von ihm in schriftlichen Aufgaben verlangt wird. Er steht kurz vor der Abschlussprüfung. Und wird sie, ist Saatci sicher, auch bestehen.
Doch niemand muss, wenn er mit seiner Berufswahl unglücklich ist, den Abschluss machen. Ausbildungsverträge können gelöst werden. In der Praxis ist das allerdings oft nicht einfach. Das erfuhr Katharina Lauer von Kolping in München durch eine Südamerikanerin, die AsA in Anspruch nahm.
Kolping in München bietet AsA zusammen mit weiteren Organisationen in einem Verbund an. Rund 600 junge Menschen werden momentan begleitet. Teilweise bringen sie ein ganzes Problembündel mit. Vor allem die junge Frau aus Südamerika sei „total verzweifelt“ gewesen: Sie sah weder eine Möglichkeit, die Lehre fortzusetzen, noch, sie abzubrechen. Das lag auch daran, dass es nahezu unmöglich ist, in München eine günstige Wohnung zu finden. Durch ihre Lehre in der Gastrobranche hatte die Azubine eine Dienstwohnung erhalten. Mit der Lehre war sie unglücklich. Doch sie war auf die Wohnung angewiesen.
Lebenshaltungskosten in Großstädten plagen Azubis
Die hohen Lebenshaltungskosten in Großstädten stellen für Auszubildende laut Lauer zunehmend eine Crux dar. Die Kolping-Bereichsleiterin weiß von Azubis, die neben der Lehre jobben müssen, um ihre Existenz zu sichern. Bei solchen Problemen stößt auch AsA an ihre Grenzen.
AsA ist für Lauer prinzipiell ein gutes Instrument, wäre nur nicht der Zeitverlust durch Bürokratie so hoch: „30 bis 40 Prozent unserer Arbeit geht hierfür drauf.“ Dieselbe Quote nennt Jonas Schüttler von "inab” in Bad Berleburg. Alles müsse en detail nachgewiesen werden. Die viele Zeit für Dokumentation wäre besser in die Jugendlichen investiert, sagt er.
Die Azubis kommen in der Regel alle acht Tage für eineinhalb bis zweieinhalb Stunden in die inab-Bildungsstätte Bad Berleburg. Zum Teil suchen die Teilnehmer von sich aus Kontakt zu „inab“. Viele kommen aber auch durch ihre Ausbildungsbetriebe hierher.
Vom Ausbilder hängt viel ab
Eine Ausbildung kann hart sein. Wobei viel vom Ausbilder abhängt. „Wir finden teilweise immer noch die alte Denkart, dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind“, sagt Lauer. Angela Smessaert, stellvertretende Geschäftsführerin der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ), bestätigt, dass nicht immer gut mit Auszubildenden in Betrieben umgegangen wird. So würden sie oft mit Arbeit überladen: „Das bekommen wir aus Praxisberichten mit.“ Die AGJ fordert über AsA hinaus „ein gutes Unterstützungssystem während der Ausbildung durch Jugendsozialarbeit“.