Interreligiöser Dialog und Verständigung zwischen den Religionen sind die Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft. Wiederholt sind in jüngster Zeit kontroverse Debatten darüber geführt worden, welche religiösen und kulturellen Werte für unsere Gesellschaft prägend waren und prägend sind. Dabei steht der Islam als drittgrößte Religionsgemeinschaft in Deutschland nach den beiden christlichen Konfessionen immer wieder im Fokus der Aufmerksamkeit. Die öffentlichen Debatten beschäftigen sich zumeist mit Fragen des sozialen und kulturellen Miteinanders. Die Vielfalt der muslimischen Gemeinschaften wird allerdings oft nur selektiv wahrgenommen und die theologischen Aspekte des Islam treten nicht selten in den Hintergrund.
Die Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) hat deshalb auf ihrer Frühjahrsklausurtagung 2018 bewusst das theologische Gespräch mit dem Islam im deutschsprachigen Raum in den Mittelpunkt ihrer Beratungen gestellt. Mit der Diskussion zentraler theologischer Themen wie Gottesbild oder Schriftverständnis leistet die Klausurtagung der Bischofskonferenz damit einen theologisch qualifizierten Beitrag zum interreligiösen Dialog. Dies geschieht in der Überzeugung, dass ein vertieftes Verständnis der anderen Religion und zugleich des eigenen Glaubens zu einer ge-lingenden Gemeinschaft in Vielfalt beitragen kann. Auch wenn die Pluralität der religiösen Gemeinschaften in einer Konferenz nicht vollständig wahrgenommen werden kann, ist sich die Bischofskonferenz der Diversität der Anschauungen innerhalb des Islam bewusst. Zur vertieften Praxiserfahrung fand eine Exkursion statt, in deren Rahmen sich die Leitenden Geistlichen der VELKD mit Vertretern muslimischer Gemeinschaften in Nürnberg trafen.
Aus muslimischer Sicht referierte in der Konferenz Professor Serdar Kurnaz von der »Akademie der Weltreligionen« der Universität Hamburg, aus christlicher Sicht Professorin Susanne Heine von der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Wien. Die Referate zu den Themen »Das muslimische Gottesverständnis und der Koran«, »Das christliche Gottesverständnis und die Bibel« sowie Textzusammenstellungen zum Gottes- und Schriftverständnis sind in dieser Dokumentation veröffentlicht.
Vorangestellt sind Thesen der beiden Wissenschaftler zum interreligiösen Dialog, die als methodische Richtschnur für das Gespräch zwischen den Religionen gelten können. Interreligiöse Dialoge beruhen auf dem Vergleich von Verschiedenem und der Suche nach dem Gemeinsamen in den Unterschieden. »Das Ziel interreligiöser Gespräche besteht weder darin, sich über Glaubensinhalte zu einigen, noch darin, die anderen zur Zustimmung zum je Eigenen bewegen zu wollen. Durch Wahrnehmung der Unterschiede zwischen den beiden Religionen, die miteinander in Beziehung stehen, kann die je eigene Identität ohne Abwertung und Verzerrung der jeweils anderen Religion gefestigt werden«, heißt es beispielsweise in These 7. Für die Vertreterinnen und Vertreter beider Religionen sei es »entscheidend, dass ihre Identität ihren Grund in einer gelebten Gottesbeziehung hat« (These 8). Interreligiöse theologische Verständigung ziele »auf ein respektvolles Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft als Solidargemeinschaft« (These 9).
Aus epd Dokumentation 19/18 vom 8. Mai 2018
»Theologischer Dialog mit dem Islam« (Frühjahrsklausurtagung 2018 der Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands) – 40 Seiten / 4,10 €