Ausgabe von Bezahlkarten in Niedersachsen beginnt am Montag
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Oberbürgermeister Onay fürchtet mehr Verwaltungsaufwand für Kommunen
Hannover (epd).

Das Land Niedersachsen will am nächsten Montag (16. Dezember) seine ersten Bezahlkarten für Geflüchtete ausgeben. Das System soll zunächst für rund zwei Monate mit Bewohnerinnen und Bewohnern der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen getestet werden, wie Innenministerin Daniela Behrens (SPD) und die Staatskanzlei am Dienstag in Hannover mitteilten. Die Aufnahmebehörde hat Standorte in Braunschweig, Oldenburg, Osnabrück, Bramsche bei Osnabrück und Friedland bei Göttingen sowie in Celle. Dort befinden sich derzeit insgesamt rund 4.100 Geflüchtete. Das Land hat zunächst 8.300 Karten vorrätig.

Im Februar sollen die Karten dann auch dezentral an die Kommunen ausgegeben werden - dort leben aktuell 28.000 weitere Geflüchtete. Die Abhebung von Bargeld ist bei dem Konzept auf 50 Euro begrenzt - vor allem dies war umstritten. Das Land arbeitet dabei ebenso wie 13 weitere Bundesländer mit dem Anbieter Secupay AG zusammen. Das Unternehmen hatte den Zuschlag in einem bundesweiten Vergabeverfahren erhalten. Unter dem Titel „Social Card“ hatte der Dienstleister bereits in einigen deutschen Kommunen Erfahrungen mit einer Bezahlkarte gesammelt, unter anderem in Hannover und im Landkreis Göttingen.

Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) kritisierte das Kartenmodell des Landes, weil es zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand für die Kommunen führe. Mit dem Erlass des Innenministeriums sei die Stadt nun gezwungen, ihre eigene Sozialkarte wieder zurückzunehmen und durch das Kartenmodell des Landes zu ersetzen. Das Innenministerium bestätigte auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd), dass das Modell des Landes für die Zukunft verbindlich sei.

Hannover hatte bereits im Dezember 2023 als eine der ersten Kommunen in Deutschland eine eigene Bezahlkarte eingeführt. Dort gibt es keine Begrenzung beim Abheben von Bargeld: Nutzer können die vollen Sozialleistungen von bis zu 460 Euro pro Person in bar abheben.

Behrens sagte, das Ziel sei, eine bundesweit möglichst einheitliche Bezahlkarte einzuführen: „Ich freue mich, dass durch das gemeinsame Vergabeverfahren der beteiligten Länder ein bundesweiter Flickenteppich vermieden wurde.“ Mit der Karte würden die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsrecht zeitgemäß digitalisiert, betonte die Ministerin: „Geringere Bargeld-Auszahlungen minimieren zudem das Risiko, dass Geld ins Ausland oder an Schleuser abfließt.“

Die Karte funktioniert nach Angaben der Staatskanzlei wie eine guthabenbasierte Debitkarte des Anbieters Visa und sieht auch so aus. Sie wird monatlich aufgeladen und kann nicht überzogen werden. Die Nutzerinnen und Nutzer können dabei zwischen einer physischen oder digitalen Karte wählen. Für vier Jahre übernimmt das Land die Kosten für das System in Höhe von rund einer Million Euro pro Jahr.

Geflüchtete können damit kostenfrei in bundesweit mehr als 15.000 Geschäften direkt bezahlen und kostenpflichtig bis zu 50 Euro pro Monat am Geldautomaten abheben. Bei besonderem Bedarf, etwa bei Schwangeren, kann dieser Betrag nach Ermessen im Einzelfall erhöht werden. Ein Einsatz im Ausland ist nicht möglich. Geldtransfers sind ausgeschlossen. Bei Verlust kann die Karte gesperrt werden.

Oberbürgermeister Onay sagte, die geplante Einschränkung bei der Bargeld-Abhebung auf 50 Euro pro Monat sei diskriminierend und ein Hindernis für Integration. Er bemängelte zudem, dass es bei der Bargeld-Beschränkung auf 50 Euro an klaren Vorgaben fehle, um in Härtefällen Ausnahmen von der Höchstgrenze zu ermöglichen. Die vorgesehenen Ermessensentscheidungen führten dazu, dass die Kommunen künftig jeden Einzelfall bewerten müssten. Zudem sei mit Klagen zu rechnen.